Interdisziplinäre Sprechstunde für spontane Koronardissektionen

Spontane Koronardissektionen sind relativ seltene Ursachen für Herzinfarkte. Sie entstehen durch ein Einreissen der oder eine Einblutung in die Herzgefässwand, sodass die Gefässwand in das Gefäss hineindrückt und dieses verengt oder komplett verschliesst (mit oder ohne Gerinnselbildung). So kommt es zu einer Blut- und Sauerstoffunterversorgung des Herzmuskels, was sich als Herzinfarkt äussert.

Im Gegensatz zum Herzinfarkt als Folge einer atheromatösen koronaren Herzerkrankung, bei welcher sich vor dem Ereignis über Jahrzehnte abhängig von den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren (Rauchen, Diabetes mellitus, hohes Cholesterin, hoher Blutdruck und genetische Veranlagung) cholesterinhaltige Ablagerungen in den Gefässwänden bilden, können spontane Koronardissektionen bei scheinbar gesunden Gefässen auftreten. Es wird davon ausgegangen, dass meistens eine (nicht-sichtbare) Gefässwandschwäche vorliegt, wobei diese angeboren (genetisch bedingt) oder erworben (z.B. durch hohen Blutdruck, rheumatische Gefässerkrankungen) sein kann. In den grössten Patientenregistern in Kanada und den USA (je ca. 300 Patienten/-innen) zeigten sich als häufigste Auslöser für das Dissektionsereignis intensive körperliche oder psychische Belastungen, wobei die Koronardissektion im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder Geburt einen (insbesondere für das Management) besonders komplexen Fall darstellt.

Die medizinische Betreuung von Patientinnen und Patienten mit spontanen Koronardissektionen ist anspruchsvoll und unterteilt sich auf die Akutphase und die Nachsorge. Die Therapieempfehlungen werden jeweils individuell gefällt. In der Akutphase (zum Zeitpunkt des Herzinfarktes) erfolgt die Diagnosestellung mittels Herzkatheteruntersuchung. Die Akutbehandlung der Dissektion erfolgt dann je nach Ausprägung, Anatomie und Klinik entweder mit oder ohne Stentimplantation und während der anschliessenden Überwachungsphase im Spital wird die medikamentöse Therapie etabliert. Zur Nachsorge gehört einerseits die weitere Diagnostik (Suche nach einer Ursache oder Grunderkrankung sowie die Suche nach weiteren Gefässveränderungen in anderen Regionen des Körpers), die Rehabilitation und die Optimierung der medikamentösen Therapie und Verhaltensmassnahmen zur Verhinderung weiterer Dissektionsereignisse.

Für eine optimale medizinische Betreuung dieser Patientinnen und Patienten wird am Inselspital ein Experten-Team aus invasiver Kardiologie und Genetik zusammen mit der Patientin / dem Patienten in der interdisziplinär geführten "Spontanen Koronardissektionssprechstunde" die weitere Nachsorge nach dem Akutereignis individuell festlegen und Nachkontrollen durchführen.